Die Sucht nach Zucker

Zucker birgt noch ein weiteres Problem

Ein nicht zu unterschätzender Nachteil des Zuckers ist sein hohes Suchtpotential. Ja, Zucker macht definitiv süchtig und daher ist es gar nicht so leicht, den Zuckerkonsum drastisch zu reduzieren. Falls Sie jedoch aus Ihrer Zuckersucht aussteigen wollen, hätten wir ein paar gute Tipps für Sie parat. Hier finden Sie auch die Erklärung dafür, warum der Zucker süchtig macht.

Ausstieg aus der Zuckersucht

Zuckersucht kann jeden treffen. Viele wissen gar nichts von ihrer Sucht. Der tägliche Verzehr von Zucker, Süssigkeiten, Desserts, Kuchen, süssen Teilchen und gesüssten Getränken ist für sie ganz normal. Viele Menschen spüren aber bereits, wie der Zuckerkonsum sie krank macht. Karies und Übergewicht sind nur der Anfang. Zucker schadet allen Organen. Entsprechend vielfältig sind die Folgen von krankhaftem Zuckerkonsum. Was aber tun, wenn man den Zucker einfach nicht ignorieren kann? Was tun, wenn man zuckersüchtig ist.

 

Zucker ist eine Droge

Zucker ist eine Droge. Natürlich nicht offiziell. Denn dann dürfte er nicht mehr in unsere Lebensmittel gemischt werden. Er dürfte nicht mehr an Kinder verkauft werden und er müsste einen Warnhinweis tragen, etwa

 

  • Zucker macht sehr schnell abhängig. Fangen Sie gar nicht erst an!
  • Zucker zerstört Ihre Darmflora, schwächt damit Ihr Immunsystem und macht Sie anfällig für Krankheiten aller Art
  • Zucker ruiniert Ihre Zähne und macht dick oder
  • Zucker kann tödlich sein, da er die Entstehung von Herzerkrankungen, Diabetes Typ 2 und Krebs fördert
  • Schützen Sie Kinder – Lassen Sie sie nicht von Ihrem Schokoriegel beissen!
  • Zucker kann hyperaktiv, aber auch depressiv machen
  • Zucker kann Angstzustände auslösen
  • Zucker kann zu Schlafstörungen führen
  • Zucker kann unreine Haut verursachen und Akne verstärken.
  • Hier finden Sie Hilfe, wenn Sie den Zuckerkonsum aufgeben möchten: www.zentrum-der-gesundheit.de. :-)

 

Das aber würde die Lebensmittelindustrie nicht mit sich machen lassen, die unbewusst Zuckersüchtigen würde es nicht im Geringsten beeindrucken und wer seine Zuckersucht erkannt haben sollte, wüsste immer noch nicht, wie er sich von ihr lösen könnte - wenn er nicht gerade auf den letzten Hinweis stossen würde.

 

Zucker macht süchtig

Sind Sie schon einmal um Mitternacht zur Tankstelle gefahren, um sich mit Süssigkeiten einzudecken? Kennen Sie das Gefühl, an nichts anderes mehr denken zu können als an etwas Süsses? Ist es bei Ihnen auch so, dass Sie sich ein Mittagessen ohne Dessert nicht mehr vorstellen können?

Werden auch Sie gelegentlich von unheimlichem Heisshunger auf Süsses heimgesucht, gefolgt von nicht weniger unheimlichen Fressattacken? Zucker kann also tatsächlich wie eine Droge wirken. Und der Zuckersüchtige verhält sich häufig nicht viel anders als ein Raucher, der dringend eine Zigarette braucht oder ein Alkoholiker, der ohne sein abendliches Fläschchen Wein ungemütlich wird.

 

Zuckersucht – Das Experiment

SIE betrifft das nicht? SIE haben Ihren Zuckerkonsum unter Kontrolle? Dann ist folgendes Experiment für Sie sicher gar kein Problem: Streichen Sie ab sofort jeden Zucker aus Ihrem Leben – und zwar drei Wochen lang.

Keine Schokolade, keine Bonbons, keine Schokoriegel, keine Milchschnitten, keine Nuss-Nougat-Brotaufstriche, keine Marmelade, keine süssen Teilchen, keinen Kuchen, keine Kekse und natürlich auch keine gesüssten Getränke. Denken Sie auch an den versteckten Zucker und meiden Sie ihn!

Das heisst: Keine gesüssten Müslis, keine gesüssten Frühstücksflakes, keine Crunchys und keine Crispies, keine gesüssten Fruchtjoghurts oder andere gesüssten Milchprodukte und keine probiotischen Joghurts, wenn dort Zucker enthalten ist. Und kommen Sie bloss nicht auf die Idee, aus Kompensationsgründen unauffällig Ihren Ketchupkonsum zu erhöhen.

Ketchup enthält bis zu 1,5 Stück Würfelzucker pro Esslöffel! Also kein Ketchup! Keine Ausnahmen! (Es sei denn, Sie bereiten sich Ihren Ketchup selbst zu. Lesen Sie dazu unseren Text über selbst gemachtes Ketchup.)

Sie haben alle Zuckervorräte verbannt? Und alle zuckerhaltigen Lebensmittel, die noch in Ihrer Küche waren, verschenkt? Prima, dann lesen Sie hier doch in drei Tagen weiter…

 

1 Tag später: Was machen SIE denn hier? Warum so gereizt? Sie fühlen sich überfordert? Sie haben Ihre Kinder grundlos angebrüllt? Sie können sich nicht auf Ihre Arbeit konzentrieren? Sie finden diese Ohne-Zucker-Aktion besch…eiden?

Sie möchten jetzt sofort ein Dooffifee? Aber zuckersüchtig sind Sie nicht? Dann bis übermorgen…

 

2 weitere Tage später: Wie geht es Ihnen? Drei Tage ohne Zucker! Eine tolle Leistung! Aua! Wie bitte? Sie können das Wort "Zucker" nicht mehr hören, ohne handgreiflich zu werden? Ihr Mann/Ihre Frau droht bereits mit dem Ehetherapeuten, wenn Sie jetzt nicht endlich wieder Zucker essen und "normal" werden? Sie haben wieder mit dem Rauchen angefangen?

Sie können das Haus nicht mehr verlassen, weil Sie in jedem Laden, in jedem Café, in jedem Kiosk, ja, an jeder Strassenecke Zuckriges sehen und dafür inzwischen einen Mord begehen würden? Sie haben sich und Ihre Emotionen nicht mehr unter Kontrolle? Sie fühlen sich ferngesteuert?

 

Vielleicht ist Zuckersucht für Sie DOCH ein Thema? Keine Sorge, Sie sind nicht allein! Zuckersucht ist ein häufiges Phänomen. Die Zuckersucht zeigt sich darin,

  • dass zuckerhaltige Produkte einen wichtigen Stellenwert im täglichen Tagesablauf inne haben,
     
  • dass man sich ohne Zucker sowohl körperlich als auch psychisch nicht wohl fühlt,
     
  • dass man ohne Zucker nicht konzentrationsfähig, also geistig nicht mehr leistungsfähig ist, da die Gedanken stets zum süssen Snack abdriften,
     
  • dass man – wenn man versucht, auf Zucker zu verzichten – stattdessen verstärkt auf andere Drogen (Zigaretten, Alkohol, Koffein) zurückgreift,
     
  • dass man vielleicht ein oder zwei zuckerfreie Tage durchsteht, dann jedoch einen Rückfall erleidet und schliesslich mehr Zuckerhaltiges isst als je zuvor.

Tragisch ist, dass in unserer Gesellschaft Zucker verharmlost wird und als ganz normales Lebensmittel gilt. Die Zuckersucht wird daher nicht als eine solche erkannt. Erkennen Zuckersüchtige ihr Problem jedoch selbst, werden sie in den allermeisten Fällen nicht ernst genommen.

 

Während kein Mensch zu einem trockenen Alkoholiker sagen würde "komm schon, ein Gläschen wird doch wohl gehen", müssen sich Ex-Zuckersüchtige oder Zuckersüchtige im Entzug immer wieder anhören "die Dosis macht das Gift" und "das bisschen Zucker wird dich schon nicht umbringen".

Doch wird es! Weil es bei der Zuckersucht eben NICHT bei einem Bisschen bleiben wird und weil der tägliche Verzehr von grösseren Mengen Zucker langfristige gesundheitliche Schäden mit sich bringen kann, die dazu führen, dass das Leben – so spassig es auch mit all den Naschereien möglicherweise war – plötzlich überhaupt nicht mehr lustig ist.

 

Zuckersucht – Die Ursachen

Meist liegt die Ursache der Zuckersucht in einer Kombination aus den fünf folgenden Aspekten:

 

  1. Echte Zuckersucht
  2. Schwankungen des Blutzuckerspiegels mit intensiven Unterzuckerphasen
  3. Seelische Gründe
  4. Darmpilze

 

Die echte Zuckersucht

Damit eine Sucht entstehen kann, braucht es einen Stoff, der süchtig machen kann (Alkohol, Nikotin oder eben Zucker) und gleichzeitig ein suchtanfälliges Gehirn. Bei einer Sucht ist das Gleichgewicht zwischen den Botenstoffen im Gehirn gestört – nämlich vor allem zwischen Serotonin und Dopamin.

 

Süchtiges Verhalten kann besonders dann entstehen, wenn der Serotoninspiegel zu niedrig und der Dopaminspiegel gleichzeitig zu hoch ist oder wenn beide Botenstoffe in zu geringen Konzentrationen vorhanden sind.

 

 

Zuckersucht entsteht im Gehirn

Dopamin ist ein körpereigener Botenstoff, der im Gehirn dann ausgeschüttet wird, wenn wir kribbelig vor Vorfreude sind, etwa vor einem Date, vor einem Wettkampf oder vor einem erhofften Erfolgserlebnis.

Dopamin verschafft uns den nötigen Antrieb und auch die geistige Klarheit, damit wir Gas geben, um das ersehnte Ziel möglichst rasch zu erreichen.

Beim Date ist das Ziel vielleicht ein Kuss, beim Sport ist es die Ziellinie, im Beruf ist es ein ersehnter Auftrag oder ein ersehntes Lob. Tritt der Erfolg ein, wird ein anderer Botenstoff ausgeschüttet: Serotonin.

Serotonin vermittelt das Gefühl von Befriedigung und Entspannung. Das Ziel ist erreicht. Wir sind glücklich und zufrieden.

Umgekehrt führt ein Dopaminmangel zu Antriebsschwäche und Lustlosigkeit. Ein Serotoninmangel hingegen macht ängstlich, unzufrieden und zickig. Instinktiv greifen wir in solchen Mangel-Situationen nach den uns bekannten Drogen.

Der eine steckt sich eine Zigarette an, der andere kippt ein Schnäpschen und der dritte vertilgt eine Tafel Schokolade. Warum?

 

Zucker täuscht Glück vor

Drogen erhöhen den Dopamin- und Serotoninspiegel – und zwar völlig ohne dass wir etwas aus eigener Kraft geschafft oder erlebt hätten. Drogen machen glücklich und entspannt. Sie täuschen dem Menschen vor, er habe sich gerade eben ein grossartiges Ziel erkämpft und es schliesslich auch wohlverdient erreicht.

In Wirklichkeit hat der Betreffende nichts erkämpft, nichts erreicht, nichts gemacht - ausser Drogen konsumiert und sich einer Selbsttäuschung hingegeben. Zucker wirkt wie Alkohol und Nikotin. Zucker erhöht den Dopamin- und Serotoninspiegel.

Zucker ist folglich ein Stoff, der süchtig machen kann.

 

Zuckersucht in der Wissenschaft

Dennoch wurde lange Zeit bestritten, dass es so etwas wie eine Zuckersucht gibt. Inzwischen liegen jedoch auch eindeutige wissenschaftliche Hinweise auf eine Zuckersucht vor. Forscher der Princeton University in New Jersey/USA wiesen das enorme Suchtpotential des Zuckers an Ratten nach.

Die an Zucker gewöhnten Tiere litten unter extremen Entzugserscheinungen (Zittern, Zähneklappern, Ängste), als man ihnen den gewohnten Zucker wegnahm.

Die Ratten griffen daraufhin verstärkt zu den angebotenen Ersatzdrogen wie z. B. Alkohol. Als man ihnen wieder Zucker gab, frassen sie davon mehr als je zuvor. Sie zeigten also ähnliche Verhaltensweisen wie der Mensch.

 

Zucker wirkt wie harte Drogen

Natürlich wurden die Ratten auch dahingehend untersucht, was sich in ihren Körpern durch die Zuckersucht verändert hatte. Man stellte fest, dass sich im Gehirn der Ratten schon nach vier Wochen verstärkten Zuckerkonsums dieselben Veränderungen manifestiert hatten (natürlich in weniger intensiver Form), wie das nach dem Konsum von harten Drogen (z. B. Heroin, Kokain) der Fall ist.

Auch eine andere Untersuchung weist darauf hin, dass es eindeutige Parallelen zwischen der Sucht nach Drogen und der Vorliebe für Zucker gibt. So kann man bei alkohol- bzw. drogenabhängigen Menschen verstärkt eine Schwäche für stark gesüsste Speisen beobachten.

Da auch Kinder von alkoholabhängigen Eltern einem höheren Risiko für eine Zuckersucht unterliegen als Kinder von nicht abhängigen Eltern, geht man von bestimmten Genen aus, die einerseits eine Anfälligkeit für Alkoholabhängigkeit, aber auch für Zuckersucht in sich bergen.

Berücksichtigen Sie hier aber, dass "Anfälligkeit" nicht bedeutet, dass man zwingend einer Sucht erliegen muss. Es gibt immer einen Ausweg!

Autor: , Letzte Änderung:

 

https://www.zentrum-der-gesundheit.de/

 

https://bazonline.ch/leben/essen-und-trinken/ich-habe-mir-das-suesse-abgewoehnt-so-lebt-man-ohne-zucker/story/12875634

 

«Habe mir das Süsse abgewöhnt»: So lebt man ohne Zucker

Die Schweizer sind zuckersüchtig. Dass es auch anders geht, zeigt Food-Bloggerin Dominique

 

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Die Schweizer gehören weltweit zu den grössten Zuckerliebhabern. Und sie wollen auch nicht um ihrer Gesundheit willen darauf verzichten, wie eine Recherche der SonntagsZeitung zeigt. Die Lebensmittelhersteller beklagen sich nun darüber, dass zuckerreduzierte Produkte bei den Konsumenten schlecht ankommen. Eine, die sich über weniger süsse Müesli und Joghurts freuen würde, ist die Zürcher Food-Bloggerin Dominique Bachmann. Sie isst seit zwei Jahren zuckerarm und kritisiert die fehlenden Alternativen in den Läden.

Warum essen Sie keinen Zucker mehr?
Ich hatte einen Schock, als ich angefangen habe, Bücher darüber zu lesen. Ich merkte, dass ich schon zum Zmorge wahnsinnig viel Zucker zu mir nahm, obwohl ich das Gefühl hatte, gar nichts Süsses zu essen. Und das nur, weil ich Müesli oder Cornflakes mit Fruchtjoghurt gegessen habe. Ich fing an, mir aufzuschreiben, wie viel Zucker ich über den Tag verteilt zu mir nahm, ohne Kuchen oder Schokolade zu essen. Das war im Januar 2016.

Wie schwierig war der Ausstieg?
Zuerst habe ich Sachen herausgepickt, die sehr viel Zucker enthalten und diese substituiert. Also die Cornflakes weggelassen und Haferflocken gegessen und Frucht- durch Naturejoghurt ersetzt. Ein Stückchen Schokolade gab es aber trotzdem noch. Ich wollte nicht von hundert auf null herunterfahren, weil sich das nach Diät angefühlt hätte.

Umfrage

Warum hat es in so vielen Produkten Zucker?

Wie hat Ihr Körper reagiert?
Ich hatte Symptome wie Heisshungeranfälle, Kopfweh und Schlaflosigkeit, ähnlich wie bei einem Kaffeeentzug. Das ging ca. zwei Wochen, dann war es weg.

Und danach ging es Ihnen besser?
Ich hatte schlagartig weniger Kopfschmerzen, war tagsüber viel weniger müde und habe knapp fünf Kilo Gewicht verloren. Was ich immer noch merke, ist, dass ich viel reinere Haut habe.

«Wenn ich durch einen Laden laufe, haben 90 Prozent der Produkte Zucker drin.»

Ist Zucker eine Sucht?
Meiner Meinung nach ja. Rein der psychische Entzug, etwas nicht mehr essen zu können, löst im Hirn etwas aus, ein übermässiges Verlangen. Ich glaube, das ist ein suchtmässiges Verhalten.

Haben Sie nie Rückfälle?
Ich würde es nicht als Rückfall bezeichnen. Wenn ich Lust auf Schokolade habe, esse ich ein Stück. Das ist mir dann aber viel zu süss. Wenn man sich zuckerfrei ernährt, verändern sich die Geschmacksknospen. Ich habe mir das Süsse abgewöhnt.

Die Lebensmittelhersteller schieben den Ball nun den Konsumenten zu und argumentieren, diese würden Produkte mit weniger Zucker nicht kaufen. Wie sehen Sie das?
Das ist eine Ausrede. Das Problem ist, der Konsument kennt nichts anderes. Wenn ich durch einen Laden laufe, haben 90 Prozent der Produkte Zucker drin, sei es wegen der Haltbarkeit oder als Geschmacksverstärker. Wenn der Konsument darauf konditioniert ist, will er auch nichts anderes. In den meisten Läden finde ich keine einzige Schachtel Cornflakes oder Müesli, die keinen hinzugefügten Zucker drin hat. Wie soll sich der Konsument so überhaupt für ein Produkt ohne Zucker entscheiden? Das Schlimmste daran ist, dass die Konditionierung schon im Kleinkindalter anfängt mit Fruchtsäften, Bananen, Fruchtquark und Süssigkeiten.

Infografik: Schweizer essen viel Zucker Grafik vergrössern

Wie funktioniert denn Ihr Alltag, wenn die Auswahl so klein ist?
Während des Entzugs war der Alltag schwierig, weil ich jede Packung umdrehen musste und die Inhaltsstoffe studiert habe. Ich musste mir das Essen neu beibringen. Das war sehr zeitaufwendig und frustrierend, weil ich im Laden nichts fand und extrem vieles selber machen musste. Heute, nach zwei Jahren, ist nicht der Gluscht das Problem, sondern die Nachlässigkeit. Ich muss mich regelmässig an der Nase nehmen, nicht die Produkte zu kaufen, die einfacher sind. Es ist die fertige Tomatensauce, nicht der Kuchen, die mir Schwierigkeiten bereiten.

Das klingt nach einem asketischen Lebensstil. Macht das Essen so noch Spass?
Absolut. Ich nehme andere Geschmäcker intensiver wahr. Es macht mehr Spass, mit Kräutern und Gewürzen zu experimentieren. Und da ich relativ normal esse, ist der Verzicht eigentlich eine Nebensache. Ich kann auch ein Dessert essen, ich bereite es aber selber zu und süsse mit Süssstoffen wie Reissirup und Erythrit, welche den Blutzuckerspiegel nicht beeinflussen. Jedoch nur so viel, dass es mir noch schmeckt. Und im Restaurant ist es für mich nicht schlimm, anderen zuzuschauen, wie sie ein Tiramisu verdrücken.

Gibt es Freunde, die davon genervt sind?
Ich habe noch nie versucht, jemanden zu überzeugen, zuckerfrei zu leben. Viele sind neugierig und fragen mich aus oder kommen zu mir zum Essen. Sie wollen es ausprobieren und merken dann, das schmeckt nicht viel anders. Andere finden, das ist jetzt einfach ein weiterer Trend, wie glutenfrei oder vegan zu essen.

Ist es wirklich kein Trend? Man kann sich auch gesund ernähren, wenn man Zucker isst.
Ich sage nicht, dass das nicht geht. Man kann den Zucker auch reduzieren und, wo es geht, darauf verzichten. Ich esse auch ab und zu ein Stückchen Schokolade, jedoch mit mindestens 85 Prozent Kakaoanteil.

«Wenn ich im Restaurant sehe, dass Süssgetränke günstiger sind als Wasser, falle ich fast vom Stuhl.»

Welchen Tipp würden Sie jemandem geben, der zuckerfrei leben will?
Darauf zu achten, was man isst und einzelne Produkte zu substituieren. So fällt man nicht in ein Loch.

Was ist das schlimmste Lebensmittel mit verstecktem Zucker?
Früchtesmoothies sind der Oberhammer, die sehen megagesund aus, haben aber je nach Grösse 7-13 Würfelzucker drin. Der Zucker kommt zwar von einer Frucht, aber dadurch, dass so viele Früchte reingemixt werden, ist das nur noch die reine Konzentration von Zucker und Wasser. Smoothies haben null Ballaststoffe, nichts, womit der Magen etwas anfangen kann und der Zucker wandert direkt ins Blut. Darum mache ich einen weiten Bogen um sie oder bereite sie selber mit Gemüse zu. Auch Knuspermüesli mit Honig und Dörrfrüchten meide ich. Dörrfrüchte sind richtig schlimm. Das ist konzentrierter Zucker.

Video – Weniger Zucker in Joghurt und Müesli

Zehn Schweizer Lebensmittelfirmen haben sich mit Bundesrat Alain Berset geeinigt und freiwillig ihre Rezepturen angepasst.

Müsste man politisch etwas machen? Es gibt Länder, die eine Zuckersteuer eingeführt haben.
Ich würde das unterstützen. Wenn ich im Restaurant sehe, dass Süssgetränke günstiger sind als Wasser, falle ich fast vom Stuhl.

Sollte nicht jeder selber wissen, wie man sich gesund ernährt?
Natürlich, wir sind ja erwachsene Leute und können uns selber um unsere Ernährung kümmern. Aber es fehlt an Aufklärung. 90 Prozent glauben immer noch an «Low Fat» und essen Margarine statt Butter. Ich esse mit relativ viel Fett und nehme überhaupt nicht zu. Den Leuten wird so viel Ernährungswissen an den Kopf geschleudert, darunter viel Fehlinformation und von der Industrie unterstützte Studien, denn Zucker ist billig und wichtig, um Lebensmittel günstig zu produzieren. Eine Zuckersteuer zusammen mit Aufklärung fände ich deshalb nicht falsch. (baz.ch/Newsnet)

Erstellt: 23.10.2017, 14:49 Uhr

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